Ich geh mit meiner Laterne …

…  und meine Laterne mit mir. Diesen Liedtext habe ich seit über 20 Jahren nicht mehr gehört. Erinnere mich aber noch nahezu an jede Strophe. Da werden wohl bei den meisten von uns Kindheitserinnerungen wach.

Wir haben zwar noch keine eigenen Kinder, aber Freunde von uns hatten mich gebeten mit ihrem Sohn zum Sankt Martins Umzug seiner Schule in Berlin zu gehen. Nicht etwa weil sie keine Lust darauf hatten, sondern einfach weil Sankt Martin mit der chinesischen Kultur ungefähr genau so viel gemein hat, wie das Drachenbootfest mit unserer.

Ich muss gestehen, ich war am Ende des Abends etwas enttäuscht. Da war ich durchaus anderes gewohnt. Ich erinnere mich noch gut an die Martinsumzüge in meiner Grundschulzeit. Wir Kinder sind zusammen mit unseren Eltern singend und laternenschwingend vom Schulhof aus Richtung Sportplatz los marschiert. Aus der Ferne konnte man dann schon meist Sankt Martin sehen, hoch zu Ross in seiner Rüstung, eingehüllt in einen roten Mantel (bei Sankt Martin handelte es sich meistens um einen Reiter der Polizeistaffel – dein Freund und Helfer eben). Nachdem wir alle versammelt waren fing dann meist das Schauspiel an und endete damit, dass Sankt Martin seinen Mantel mit dem Schwert teilte und die Hälfte einem armen Mann gab.

Anschließend gab es für uns Kinder frische Brezel und warmen Kinderpunsch, für die Eltern Glühwein oder andere alkoholische Getränke und ein riesiges gemeinsames Lagerfeuer. Am Ende sind wir dann singend und glücklich mit unseren Laternen wieder zurück zur Schule gegangen, begleitet von Sankt Martin auf seinem Pferd.

Wie aber sah der Sankt Martin in Berlin aus? Es gab zumindest Brezel und ein Feuer. Gesungen wurde auch – ein ganzes Lied – angestimmt von einigen Eltern. Und das an einer der eher besseren Privatschulen in Berlin. Echt traurig und ein bisschen schade für die Kinder. Ich hoffe echt, dass unsere Kids später mal einen richtigen Martins Umzug erleben können, so wie ich vor 20 Jahren!

Schön war es trotzdem und Rudi – ja der kleine Chinese auf meinen Schultern heißt tatsächlich Rudi – hatte dennoch einen tollen Abend. Auch wenn er und seine Freunde am Ende eher mit zwei großen Autoreifen auf dem Schulhof gespielt haben – keine Ahnung wo sie die her hatten!